1949 - Die Weberei Appenzell nimmt den Betrieb auf

Industrialisierung Innerrhodens nach dem Zweiten Weltkrieg

Appenzell-Innerrhoden verharrte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs wirtschaftlich gesehen auf einem agrarisch-kleingewerblichen Stand. Die Industrialisierung machte erst ab 1949 Fortschritte, als Albin Breitenmoser im Gewerbegebiet Ziel die Weberei Appenzell AG eröffnete (bislang musste die 1944 gegründete Albin Breitenmoser AG für die Veredelung auf auswärtig hergestellte Stoffe zurückgreifen). Die Fabrikation von textilen Taschentüchern brachte bald geschäftlichen Erfolg. Die positive Entwicklung wurde indes jäh unterbrochen, als 1958 sämtliche Fabrikgebäude einem Brand zum Opfer fielen. Nach dem Wiederaufbau arbeiteten Anfang der 1960er-Jahre 400 Angestellte auf 112 Webmaschinen. Ab 1987 wandte sich das Unternehmen der Herstellung hochwertiger Oberbekleidungsstoffe zu, die in bekannten Konfektionären wie Prada und Boss Abnehmer fanden. 1998/99 entstand mit einer Investition von 14 Millionen Franken eine neues Webereigebäude mit einem hochmodernen Maschinenpark. In der Gegenwart beschäftigt die alba-Firmengruppe rund 140 Personen (2007).

Bild Legende:
Verwaltungsgebäude der Brauerei Locher AG, Appenzell, erbaut 1862-1864. Unter dem Label 'Appenzeller Bier' ist die Firma in der ganzen Schweiz bekannt. [Stephan Heuscher, Gossau]

Die Fenster Dörig AG entstand 1952 in Meistersrüte als kleine Schreinerei-Glaserei. Die Hochkonjunktur im Bausektor liessen den Handwerksbetrieb rasch expandieren. 1959 errichtete Firmengründer Johann Dörig in Appenzell eine Fensterfabrik, in der er die serielle Fertigung von Normfestern aufnahm. 1969 zählte das Unternehmen über 50 Angestellte. 1972/73 erweiterte ein zusätzlicher Fabrikbau das Firmengelände und 1981 entstand eine separate Lagerhalle. Die Firma beschäftigte Mitte der 1980er-Jahre 80 bis 90 Personen. 2005 beschaffte sie für drei Millionen Franken eine computergesteuerte Produktionsanlage, mit der verschiedenste Arbeitsschritte auf kleinstem Raum erledigt werden können. Infolge der Automatisierung hat sich die Belegschaft seither etwas reduziert.

1959 wurde in Weissbad die Litex Leuchtschriften AG gegründet. 1962 übersiedelte die Firma ins leer stehende Gebäude der früheren Spielwarenfabrik im Ried, Appenzell. 1967 zählte sie ein Dutzend Beschäftigte, 1969 bereits gegen 50. Seit 1968 nennt sich das Unternehmen Litex Neon AG. Sie hat sich zu einem führenden Anbieter von Leuchtwerbung entwickelt und ist heute in der Schweiz die Nummer zwei hinter der Berner Westiform AG. Die Litex ist an vier Standorten präsent, neben Appenzell in Regensdorf, Oberdiesbach (BE) und Giubiasco. Sie bietet insgesamt 120 Arbeitsplätze und verfügt im Appenzeller Ortsteil Rinkenbach über einen modernen Produktionsbetrieb.

1966 erstellte die Ernst Scheer AG in Appenzell eine Produktionshalle für die Fertigung von Stahlbauteilen und beschäftigte zunächst 45 Angestellte. 1969 erwarb die Bühler AG die Aktienmehrheit des Herisauer Stahlbauers und integrierte das Werk Appenzell 1975 vollständig in den Uzwiler Konzern. Hergestellt wurden in erster Linie Förderanlagen und schwere Maschinen für die Umwelttechnik. Nach der 1991 erfolgten Inbetriebnahme einer neuen Montagehalle für drei Millionen Franken stand die Fertigung von Müllereimaschinen im Vordergrund. Der Betrieb zählte 83 Mitarbeitende. 2006 erweiterte Bühler das Werk mit einem Aufwand von SFr. 3,3 Mio. erneut um tausend Quadratmeter und konzentrierte in Appenzell die Fertigung von Sondermodellen für die Getreideverarbeitung. In der Folge verlagerte das Unternehmen weitere 40 Arbeitsplätze von Uzwil nach Appenzell.

1971 eröffnete die Press- und Stanzwerk AG, Eschen (FL) im appenzellischen Oberegg einen Zweigbetrieb. Anfänglich 25 Angestellte fertigten Werkzeuge, welche im Hauptsitz zur Herstellung von Schrauben und Fliesspressteilen dienten. Hauptabnehmer dieser Artikel war die europäische Autoindustrie. 1978/79 erfolgte eine bedeutende Erweiterung des Oberegger Betriebs, der mit 80 (1987) Arbeitsplätzen zum wichtigsten Arbeitgeber im Bezirk avancierte. Seit 1991 gehörte die 'Presta', wie der Betrieb noch heute von der Bevölkerung genannt wird, zum ThyssenKrupp-Konzern. Im Jahr 2000 wurde das Werk erneut erweitert und modernisiert. Trotz Automatisierung und Einsatz von Industrierobotern beschäftigt die ThyssenKrupp Presta in der Gegenwart über 140 Personen (2002).

Die kuk electronic ag, Appenzell wurde 1990 von den Brüdern Hansueli und Bruno Koster gegründet. Sie fertigt zur Hauptsache Elektrospulen im Miniaturformat, wie sie für die Lautsprecher von drahtlosen Telefonen oder für Klimaanlageklappen in Autos verwendet werden. Nachdem die kuk-Produkte zunächst zu 90 Prozent an Schweizer Kunden geliefert worden waren, gehen sie in der Gegenwart in 25 vornehmliche europäische Länder. Die Fabrikationsräume im Gebäude der Lehner AG im Hoferbad wurden bald zu eng. 2002/03 entstand im Industriegelände Mettlen ein Neubau mit über 3000 Quadratmeter Fläche. Als eine wichtiger Kunde seine Handy-Produktion nach China zügelte, eröffnete die kuk electronic ag 2004 in Shanghai eine Tochterfirma. Diese zählte 2006 70 Angestellte, während im Appenzeller Stammhaus 120 Personen in 80 Stellen arbeiteten.

Zum industriellen Betrieb hat sich auch die Bierbrauerei Locher entwickelt, deren Markenname 'Appenzeller Bier' landesweit ein Begriff ist. Das erstmals 1810 nachgewiesene Unternehmen ist eine der ältesten Brauereien der Schweiz. Bis zur Auflösung des nationalen Bierkartells 1991 war die Brauerei Locher lediglich ein Kleinunternehmen, das nie mehr als ein Dutzend fest angestellter Personen beschäftigte. Dank der Lancierung von speziellen, innovativen Biersorten wie dem 'Vollmond-Bier' und dem 'Quöllfrisch naturtrüb' vollzog sich seither jedoch eine markante Entwicklung. Die Produktion stieg von 13'800 Hektolitern (1994) auf 59'000 Hektoliter (2003), während die Zahl der Angestellten auf 60 (2004) wuchs.

Typ Titel
Industrie